Biologie

Die im Zoofachhandel angebotene Farbratte ist ein Abkömmling von Laborratten und hat mit ihrer Stammform, der ursprünglich in Asien beheimateten Wanderratte, nicht mehr viel gemein. Farbratten leben in Sozialverbänden mit deutlicher Rangordnung. Es sind intelligente, neugierige Nager, die sehr schnell ein enges Verhältnis zu ihrem Halter entwickeln und ihn am Geruch und Stimme wiedererkennen. Trotz dieser engen Bindung dürfen sie nicht alleine gehalten werden. Am besten hält man die Tiere in gleichge- schlechtlichen Gruppen mit gemischter Altersstruktur. Die Neueingliederung junger Ratten in bestehende Gruppen verläuft meist problemlos. Am einfachsten ist es, zwei Jungtiere gemeinsam zu integrieren. Farbratten schlafen nur stundenweise. Sie haben einen Wach-Ruhe-Rhythmus von etwa 1,5 bis 2,5 Stunden. Sie haben eine Lebens- erwartung von 2-4 Jahren, werden im Alter von 4 bis 6 Wochen geschlechtsreif, und die Weibchen können 5-6 Würfe pro Jahr mit bis zu 15 Jungtieren aufziehen. Junge Ratten sollten mit 4-5 Wochen abgesetzt werden.

 

Unterbringung

Die Käfiggröße sollte für bis zu drei Ratten mindestens 100 x 50 x 100 cm (L x B x H) cm oder als Turmbau 80 x 50 x 120 cm, jeweils mit mehreren Etagen, betragen. Diese Etagen müssen solide sein. Erhöhte Ebenen, die aus Gittermaterialien bestehen sind nicht geeignet. Zur Mindestausstattung gehören Tränke, schwerer Futternapf, mehrere Schlafhäuschen, Kletteräste, Leitern, Seile, Hängematten und Liegebretter in verschiedenen Ebenen. Außerdem sind Holz- und Pappröhren als Versteck zu empfehlen. Handelsübliche Laufräder sind allesamt zu klein und eignen sich wegen der daraus resultierenden unnatürlichen Körperhaltung und der Verletzungsgefahr für die langen Schwänze nicht. Zur Ausstattung des Nestes ist unbedruckter und unparfümierter Zellstoff geeignet. Die Ratten bauen ihn selbst in die Schlafhäuser ein. Als Einstreu des Käfigbodens eignet sich Kleintierstreu, Heu oder Stroh. Zur Bereicherung des Käfigalltags gibt man den Tieren mindestens wöchentlich frisches Nagematerial. Albinoratten müssen in einem dunkleren Raum untergebracht werden, damit ihre lichtempfindlichen Augen nicht geschädigt werden.

 

Pflege

Ratten werden sehr schnell zahm. Daher sollte man ihnen viel Zuwendung geben. Pro Tag sollten ca. 2 Stunden für Beschäftigung und Spiel aufgewendet werden. Ein kontrollierter Freilauf ist wegen des ausgeprägten Erkundungsverhaltens für Ratten notwendig, dabei müssen Gefahrenquellen wie Stromkabel, offenes Fenster, Giftpflanzen usw. ausgeschaltet werden. Wegen des starken Eigengeruchs ist das Rattenheim jede Woche gründlich zu reinigen. Da sich Ratten auch über den Geruch orientieren, sollte nach der Reinigung etwas alte Streu mit der frischen Einstreu vermischt werden. Einrichtungsgegenstände aus unbehandeltem Holz, wie z.B. eingezogene Ebenen, sind regelmäßig zu ersetzen, da sie sich mit Urin vollsaugen. Das Rattenheim soll seinen Platz an einem ruhigen, zugfreien und nicht zu hellem Ort bekommen, am besten in Tischhöhe und so, dass andere Haustiere die Ratten nicht beunruhigen können. Ratten lassen sich am Besten in Gruppen mit gemischter Altersstruktur halten. Bei der Haltung von gemischtgeschlechtlichen Gruppen ist zu bedenken, dass Ratten eine hohe Vermehrungsrate haben. Um eine unkontrollierte Zucht zu verhindern sind die männlichen Tiere zu kastrieren. Zum Herausheben der Ratten greift man mit einer Hand sanft um den Brustkorb und stützt mit der anderen Hand das Hinterteil ab. Auf keinen Fall dürfen Ratten am Schwanz angehoben werden, da dieser leicht verletzt werden kann.

 

Ernährung

Ratten ernähren sich, wie ihre wildlebenden Verwandten, vorwiegend von pflanzlicher, aber auch tierischer Nahrung. Sie sind sehr wählerisch im Aussuchen ihrer Lieblings- speise. Handelsübliches Rattenfutter besteht meist aus Getreidemischungen und Gemüseflocken. Dieses wird mit frischem Gemüse und Obst oder Katzengras und (falls nicht schon in der Mischung enthalten) durch wenig tierisches Eiweiß, wie Eier (hartgekocht), Milchprodukte (z.B. Hartkäse), Futterinsekten oder auch Hundetrockenfutter ergänzt. Als Leckerbissen eignen sich ungekochte Nudeln oder Nüsse, die man zu Beschäftigungszwecken und zur Abnützung der Nagezähne im Ganzen anbieten sollte. Futter bietet man vorzugsweise so an, dass es sich die Tiere wie in der Natur erarbeiten müssen. Dazu kann man es beispielsweise in Pappröhren verstecken, deren Enden mit Heu verstopft oder zugedrückt sind, oder man streut es in die frische Einstreu. Auch aufgehängte Kolbenhirse sorgt für Beschäftigung. Um die nötige Abnutzung der Zähne sicherzustellen, brauchen Ratten ständig Nagematerial wie frische ungespritzte Zweige, unbehandelte Holzstücke usw. Trinkwasser ist täglich zu erneuern.

 

Weitere Tierschutzaspekte

Ratten sollten von Kindern unter 10 Jahren nur unter Aufsicht von Erwachsenen gepflegt werden. Die – erwünschte – Beschäftigung des Menschen mit den Tieren erfordert im Umgang mit ihnen ein Feingefühl, das bei kleinen Kindern im allgemeinen noch nicht genügend ausgebildet ist. Ratten sind sehr anfällig für Erkältungskrankheiten, deshalb dürfen sie nie Zugluft ausgesetzt sein. Außerdem bilden sie erblich bedingt oft Tumore aus, die je nach Organbefall die Tiere sehr belasten können. Gelegentlich können Parasiten wie Läuse oder Rattenmilben vorhanden sein. Dann putzen und kratzen sich die Tiere viel und zeigen Unruhe und Fellverlust. Eine Behandlung hat durch den Tierarzt zu erfolgen. Eine Drüse am Auge bildet ein rotes Sekret aus. Bei anhaltendem Stress (Gruppenstruktur, Käfiggröße, Krankheit etc.) wird es vermehrt ausgeschieden. Ratten neigen bei Bewegungsarmut und gleichzeitigem Futterüberangebot zur Verfettung. Jungtiere integriert man am Besten paarweise in bestehende Gruppen. Bei erwachsenen Ratten gelingt das nicht immer. Eine Vergesellschaftung mit anderen Tieren ist nicht möglich. Die Verwendung sog. Lauf– oder Joggingbälle ist tierschutzrelevant (siehe Merkblatt Nr. 62 der TVT) Einige Zuchtformen wie beispielsweise Rex-, Nackt-, Patchwork– oder Tailless Ratten sind als Qualzuchten anzusehen.

 

 

Zu diesem Merkblatt
Dieses Merkblatt wurde erarbeitet vom Arbeitskreis 2 der Tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz (Kleintiere), (Stand 1993).

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